KissingLetters

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KissingLetters Lettering und Kalligrafie

Manchmal berühren mich Aufträge so tief, daß sie mir noch lange im Herzen nachklingen.

Ideen entstehen im Kopf, gehen durchs Herz, wandern über die Hand aufs Papier oder den Gegenstand. Besondern bei diesem Auftrag – den Erinnerungssteinen.

Es begann mit einem Taufspruch. „Die Liebe hört niemals auf.“ Die Eltern hatten sich für diese Worte entschieden. Für die Gestaltung wählte ich Feder, Tinte und flüssige Aquarellfarbe. Die Schriftart war die Humanistische Kursive – schlicht, elegant, zeitlos. Es sollte ein kleines Kunstwerk werden, das die Liebe in ihrer unendlichen Kraft widerspiegelt.

Natürlich denkt man auch über den Spruch nach, der in erster Linie als Trauspruch zum Einsatz kommt. Doch in diesem Moment erkannte ich, daß diese Worte auch für Traueranzeigen und Abschiednahmen passen könnten. „Die Liebe hört niemals auf.“ – eine Botschaft, die Trost und auch Hoffnung spendet, egal in welcher Lebensphase. Schließlich fügte ich noch den Namen des Täuflings hinzu, und das Werk war vollendet.

Am nächsten Tag kam ein neuer Auftrag rein – Erinnerungssteine.

Der Vater der Kundin war verstorben und sie wollte ihren erwachsenen Kindern Steine zur Erinnerung an den Opa schenken. Auf den Steinen sollten die Worten stehen, mit denen er seine Enkelkinder immer verabschiedet hatte. Sie brachte mir die entsprechenden Steine vorbei und im Gespräch kam heraus, daß sie auch noch gerne Erinnerungssteine für ihre Mutter, ihren Bruder und für sich selbst hätte. Doch welche Worte sollten auf diese Steine?

Beispielfoto

In diesem Moment kam mir der Taufspruch wieder in den Sinn. Ich erzählte ihr von meinen Gedanken dazu und sie schob mir die Steine über den Tisch zu: Mach!

Beispielfoto

Als erstes waren die Steine für die Kinder an der Reihe. Danach folgten die drei weiteren. Doch dann passierte das Unverhergesehene: Einer der Steine fiel zu Boden und auf der Rückseite brach ein kleines Stück ab. Mein Herz setzte einen Moment aus. Die Beschädigung war zwar nicht groß und von vorne nicht sichtbar, aber ich konnte den Stein nicht mehr so zurückgeben, wie ich ihn erhalten hatte.

Schnell suchte ich aus meinem Steinfundus nach einem schönen Exemplar und gestaltete es zusätzlich. Ich wollte ihr damit die Auswahl überlassen, welchen Stein sie weitergeben möchte und den anderen könnte sie eventuell aufs Grab legen. Es war kein einfaches Gefühl – das Missgeschick schmerzte.

Der Moment der Übergabe kam. Ich beichtete mein Missgeschick, zeigte ihr den beschädigten Stein und den zusätzlichen und erwähnte die Möglichkeit, dass einer davon vielleicht auf das Grab gelegt werden könnte. Sie erzählte von dem bevorsehenden Begräbnis und wie ihr Vater es sich gewünscht hatte – äußerst schlicht! Daher gefiel ihr die Idee mit dem Stein für den Vater. Außerdem erzählte sie mir von ihrem Blick in das Stammbuch der Eltern. Die Liebe hört niemals auf – der Trauspruch ihrer Eltern.

Noch heute bekomme ich Gänsehaut wenn ich daran denke. Es ist erstaunlich, wie sich der Kreis schließt: Die Liebe, die niemals aufhört, verbindet Vergangenheit und Gegenwart, Leben und Abschied.

Ich habe keine Fotos von den Steinen gemacht. Vielleicht werde ich es irgendwann bereuen, doch es war für mich zu privat. Es waren die Steine der Kundin, ihre Trauer, die Worte ihres Vaters, der Opa ihrer Kinder, und der Trauspruch ihrer Eltern – still, berührend und voller Bedeutung.

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